Freitag, 30. November 2012

Ich öffne meine Augen, ganz langsam. Den Wecker lasse ich klingeln, das nervige Geräusch lässt meine Mutter ins Zimmer stürmen, sie stürmt zu meinem Bett, macht den Wecker aus. Sie schaut mich an. "Sven." ich starre an die Zimmerdecke. "Gehst du heute wieder zur Schule?", ich schlucke, nicke. Ich setze mich langsam auf, steige unter die Dusche, lass das Wasser an mir runterprasseln. Ich stehe lange vor dem Spiegel. Mein Spiegelbild schaut mich fragend an, als ob es mich fragen will, ob ich das schaffen würde.. Ich nickte. Nach dem ich aus dem Bad kam, zog ich einen Pulli über, der lang genug war um die paar frischen Narben zu überdecken. Meine lieblings Röhrenjeans passte mir nicht mehr, ich kramte also eine noch kleinere Jeansgröße aus der letzen Ecke meines Kleiderschrankes hervor. Um kurz nach halb 8 steige ich aus der U-Bahn, laufe die Treppen hoch, weiter zur Bushaltestelle. Im Bus saß bereits der halbe Jahrgang, alle starrten sie mich an. Ich setzte mich auf den Platz direkt hinter dem Busfahrer, allein. Normalerweise wäre ich zu meinen anderen Freunden gegangen, die alle im Bus in 4-ern verteilt saßen, doch sie starrten mich an, als wäre ich ein Alien. Als ich aus dem Bus stieg sah ich auf und schaute meine Schule an, ich blieb einen Moment stehen, bis ich eine Hand in meiner abgemagerten Hand spürte, so viel wärmer als meine. Ich drehte mich zu dem Mädchen und schaute in Jennys Augen, ich formte mit meinen Lippen ein "Danke.", sie erwiderte mit einem Lächeln. Jenny lies mich den ganzen Schultag nicht aus den Augen. In der Mittagspause versuchte sie mich grade dazu zu überreden etwas zu essen, als plötzlich Clair vor mir stand. Ich zuckte zusammen. Jenny schaute mich an, wieder nickte ich nur, widerwillig stand sie auf um Clair den Platz frei zu machen, sie ging weg. Ich war wie versteinert, als Clair direkt vor mir saß und sich unsere Kniee berührten und sie ihre Hände auf meine viel zu dünnen Oberschenkel legte. Sie versuchte mir in die Augen zu schauen, senkte ihren Blick auf meine Beine als ich mich in der Aula umschaute. Alle schauten sie uns an. Wie in einem Zirkus war das Licht nur auf uns Gerichtet, alles schien still zu stehen. Clair nahm meine Hände in ihre und umfasste meine Handgelenke, als sie sie fester umfasste zuckte ich zusammen, die frischen Wunden brannten. "Ich kenne dich Sven.", sagte sie leise ohne dabei von meinen und ihren Händen aufzusehen. Ich musterte sie und sah eine Träne ihre Wange herunterlaufen, ganz langsam tropfte sie von ihrem Kinn runter auf ihren Pulli. "Du bist gegangen.", das waren die 1. Worte die mir seit so langer Zeit über die Lippen gekommen waren. "Wie viel hast du eigentlich abgenommen seit dem ich nach Litauen bin..?", wieso hast du das gefragt? Genau gesagt waren es 8,4 Kilo "Nicht viel.", sagte ich. Ihr Gesicht war jetzt ganz nah an meinem, meine Finger krallten sich an ihren Händen fest, mein Herz schlug mir bis zum Hals, sie sah so wunderschön aus. Ich biss mir auf die Lippe. Und als wir aufstanden, die Aula verließen schauten uns alle nach. Ich zog sie mit mir mit und als wir hinter der Schule waren, wo uns niemand sehen konnte, wirbelte ich sie herum und drückte sie gegen die Wand, meine Handflächen neben ihrem Kopf, unser Atem so schwer. Sie zog mich an sich, ich keuchte. Ich hatte sie so vermisst. Und dann, endlich, ganz langsam kamen unsere Gesichter sich immer näher, bis sich unsere Lippen trafen. Deine Hände krallten sich in meinem Haar fest, nah, näher ich konnte dich garnicht nah genug an mir haben. So viel schmerz lag in diesem Kuss. Ich presste meine Stirn an ihre, ich atmete schwer. "Das macht alles so viel komplizierter." , hast du gesagt.. Irritiert trat ich von dir weg. "Ich dachte, deswegen bist du hier?" - "Ja, aber..", noch bevor du hättest anfangen können zu reden winkte ich ab, drehte mich um und ging zurück zur Aula, wo Jenny bereits auf mich wartete "Und?", fragte sie "Nichts und, ich muss hier weg.", sagte ich. Doch sie hielt mich fest, drückte sich an mich und dadurch wurde alles etwas besser, wenn auch nur ein kleines bisschen.

Bitte sag mir, wann hört das auf? Und wie kann ichs schaffen, dich zu hassen?

2 Kommentare:

  1. es gibt nichts, wofür du danken müsstest.

    das freut mich wirklich, das zu lesen. es ist immer wieder schön, leute zu erreichen, egal auf welche art und weise. und ich denke nicht, dass ich die einzige bin, die sich für deine texte und dein leben interessiert, sven. da gibt es noch viele andere. und das zu lesen freut mich ebenfalls. ich hatte schon befürchtet, du hättest deinen willen verloren- aber das hast du nicht. ein glück. und ich hoffe, du wirst niemals das aufgaben in betracht ziehen.

    Das kann ich nur unterschreiben, genau so hätte ich das auch gemacht. natürlich verspreche ich, auf mich aufzupassen und nicht aufzugeben. ich würde niemals von jemanden verlangen, etwas zu versprechen, wenn ich mich nicht selbst ebenfalls daran halten würde. und ich denke, ab einem bestimmten punkt, kann und sollte man das leben nicht allzu ernst nehmen, da kann ich dich verstehen.

    und noch was. clair ist vielleicht gegangen, aber sie hat dich nicht verlassen. da gibt es einen klitzkleinen unterschied, der so verdammt viel ausmachen kann. und manchmal ist es nicht gut, zu versuchen jemanden krankhaft zu hassen, weil das meistens nach hinten los geht. wenn man jemanden liebt oder geliebt hat, wird man diese person niemals hassen können, egal, wie sehr man versucht, es sich einzureden. was man einmal liebt, das vergisst man niemals. hör auf, gegen deine gefühle anzukämpfen und fang an, sie zu akzeptieren und mit ihnen zu leben. erst, wenn du dir deine gefühle komplett eingestanden hast, ohne dich dabei selbstzubelügen, wirst du loslassen können.

    und falls du mal jemanden zum reden brauchst- ich hätte immer ein offenes ohr. natürlich musst du dieses angebot nicht annehmen.

    ich geb mein bestes, du aber auch.
    marina

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  2. ich war lange nicht hier, habe vieles verpasst und doch oft an dich gedacht.
    wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich denken, dein post ist eine seite aus einem 'schlechten' buch, einem ohne happy end. aber ich weiß es besser und ich weiß, dass es anders geht und du es auch anders kannst.

    ich hatte nie die möglichkeit, dich wirklich kennen zu lernen, aber das, was du uns und mir hier zeigst, lässt mich wissen, dass du einer der guten bist, dem bloß viel zu viel schlechtes angetan wurde und noch immer wird.

    ich wäre gerne für dich da, würde dir gerne einen einzigen lichtblick schenken, aber das ist wohl unmöglich.

    ich bin bei dir, irgendwie.

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