Sonntag, 16. Dezember 2012


Es ist Freitag, 5:00. Die kalte Luft trifft mein Gesicht, ich atme ein, ich atme aus. Meine Füße treffen den Asphalt, ich renne, renne einfach so los. Eine Stunde später stellte ich mich unter die Dusche, zog mich an.  Am Frühstückstisch lächelte meine Mutter mir zu, ich lächelte Gedankenverloren zurückt und rechnete aus, wie viel Kalorien ich wohl verbrannt haben könnte, nach der Stunde Joggen. Danach richtete ich mein Frühstück aus. Ich aß nicht mehr und nicht weniger als sonst. 2 Scheiben Knäckebrot mit Frischkäse, einen Apfel und ein Glas Orangensaft. Das war genug, das war normal. Keiner sprach mich darauf an, wo ich heute morgen war, vielleicht hatte es auch niemand gemerkt. Ich machte mich auf den Weg zur Schule, auf dem Weg dorthin rauchte ich meine 1. Tüte für diesen Tag. Ungewöhnlich früh, aber wen interessiert das schon. Im Klassenzimmer angekommen, starrte ich in die Augen vieler Schüler, entgeistert starrte ich in Clairs wunderschöne Augen, neben ihr war wie es der Zufall wollte, der einzige freie Platz. Wortlos setzte ich mich neben sie, ich wollte nicht mit ihr reden, vielleicht wollte ich das nie wieder, ich war es so satt. Ich schaute mehr oder weniger unauffällig auf Clairs Tisch und was ich dort sah machte mich so unendlich traurig. Ihr alter kaputter Ordner. "Ich liebe dich. Immer." stand da in meiner krakligen Schrift. Ich konnte mich noch genau an den Moment erinnern, als wir im Mathekurs saßen und du wie immer nichts verstanden hast, es war im Winter letzen Jahres und draußen lag Schnee, doch im Klassenzimmer war es warm, neben dir. Ich langweilte mich un kritzelte deinen Ordner voll und malte dir ein Herz auf den Handrücken. Ich liebe dich. Für immer. Ich wünschte ich könnte die Zeit zurückdrehen. Und nun saß ich wieder neben dir, im selben Mathekurs, nur dieses mal war es anders. Ich merkte wie mein Knie dein Bein berührte, nur ganz leicht, fast so, als würde ich es mir einbilden. Ich ballte meine Hand zu einer Faust, so vieles ging mir durch den Kopf, es war zu viel, als das ich sagen könnte was es genau war. Ich wusste nur, dass ich so unglaublich viele Dinge in diesem Moment tuen wollte. Ich wollte meine Hand auf deinen Oberschenkel legen. Ich wollte mich zu dir drehen und dich küssen. Doch ich rührte mich nicht, spürte lediglich die wärme deines Beines an meinem Knie. Ich starrte vor an die Tafel, wo mein Lehrer irgendwelche Gleichungen aufstellte, ich sah die Zahlen, sah aber nicht was sie bedeuteten, ich konzentrierte mich viel zu sehr auf dich, obwohl ich dich gar nicht sah. "Herr Maier..", riss mich mein Lehrer aus meinen Gedanken ".. Sie sollten doch wissen wie das funktioniert, oder..?" Alles stäubte sich in mir, ich wollte nicht vor an die Tafel, wo ich doch genau wusste, wie sehr sie mich alle mustern würden, jeden Fleck meines Körpers nach Narben absuchen würden, meine dünnen Beine betrachten würden.. "Bitte.", sagte er fordernd und hielt mir das kleine Stück Kreide hin. Langsam, fast wie in Zeitlupe stand ich auf und löste die Gleichung ohne darüber nachzudenken innerhalb von ein paar Sekunden. Ich drehte mich zur Klasse und schaute Clair an "Ich liebe dich.", flüsterte ich. "Was..?", fragte mein Lehrer "Nichts. Entschuldigung.", sagte ich, drehte mich um und ging aus dem Klassenzimmer. Mir war so schlecht, ich stürmte auf die Toilette und übergab mich so lange, bis Blut kotzte. Es fühlte sich gut an zu wissen, dass da keinerlei Essen mehr in mir war, keinerlei Chance für meinen Körper etwas zu bekommen, mit dem er überleben konnte. Ich ließ mich zurück gegen die Toilettentüre fallen, hörte wie die Türe quietschte und jemand herein kam "Sven?", hörte ich Jennys Stimme. "Schon gut Jenny, ich komme.", sagte ich erschöpft, rappelte mich auf und schloss die Tür auf. Nachdem ich meinen Mund ausgespült hatte, ging ich nach draußen um eine zu rauchen, als ich in die Klasse zurück kam, schaute mich niemand an, nicht einmal mein Lehrer, was musste Jenny ihnen gesagt haben? Ich glaube ich wollte es gar nicht wissen. Ich setzte mich auf meinen Platz und schaute Clair an, die sich von mir weg drehte, doch ich sah, was ich erwartet hatte, sie weinte, still und leise. Was sollte die Scheiße? Ich hasse diesen Scheiß hier. Ich habs so satt Clair, so verdammt satt. Ich weiß, dass ich viel scheiße gebaut hab, ja, vielleicht hab ich dich auch verletzt, aber gibt dir das das Recht so mit mir umzugehen? Nein, ich glaube nicht. Aber weißt du was? Ist mir egal, ich bin fertig mit dir.

Jaja, schon klar, das war gelogen
Ich liebe dich.
Immer.

1 Kommentar:

  1. das macht nichts.

    es ist schade, sowas zu lesen. aber irgendwo hast du recht. wäre das leben nicht viel schmerzloser, wenn man keine gefühle hätte? wenn einem jeder gleichgültig wäre? aber es wäre gleichzeitig auch so farblos, kein leben mehr. da muss man ich selber entscheiden, was besser ist.. das leben mit seinen ecken und kanten oder die kalte hülle, ohne gefühle oder leben. zombieleben.

    ich pass auf mich auf, wirklich, ich geb mein bestes. danke, ich dir auch, wirklich.

    und ich sags nochmal.. sven, du kannst vor deinen problemen nicht wegrennen, du kannst sie genauso wenig weghungern oder wegkiffen.. es ist so schade, mitzubekommen, wie sich ein so toller junge kaputt macht. hoffentlich kommst du irgendwann aus diesem loch raus.

    ♥ marina

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